Auswandern: Erfahrungen in Schweden

Eine ganz persönliche Geschichte in Schweden

Kommt man in ein neues Land, ist alles neu und aufregend. So war es natürlich auch für mich, als ich nach Schweden gekommen bin, was mittlerweile bereits mehrere Jahre zurückliegt. In dieser Zeit ist eine Menge passiert, ich habe den Wohnort gewechselt und auf diese Weise auch unterschiedliche Kulturen und Perspektiven innerhalb Schwedens kennen gelernt.

Rein in die schwedische Kultur und Lebensweise

Als ich nach Schweden gekommen bin, wollte ich unbedingt so gut wie möglich mit den Einheimischen in Kontakt kommen und unbedingt so viel Schwedisch wie möglich sprechen, um möglichst schnell ein Teil der neuen Kultur zu werden. Das funktionierte eigentlich auch ganz gut und wurde in meinem Fall dadurch begünstigt, dass ich in einem schwedischen Haushalt wohnte. Mit meinem Vermieter habe ich mich von Anfang an gut verstanden und lange Unterhaltungen führten dazu, dass ich recht rasch gut in die neue Kultur und Lebensweise eintauchen konnte. Als Auswandern fühlte sich mein Aufenthalt nicht unbedingt an, schließlich dauert so ein Austauschsemester doch nur ungefähr 5 Monate.

Als Student nach Schweden: Lund

Das Hauptgebäude der Universität Lund

Das Hauptgebäude der Universität Lund

Da ich als Austauschstudent nach Schweden kam (in die südschwedische, äußerst hübsche Stadt Lund), lernte ich sehr viele unterschiedliche Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen kennen. Neben Austauschstudenten kommen aber beispielsweise auch sehr viele internationale Masterstudenten nach Schweden. Manche von ihnen bleiben für immer, andere kehren nach dem Studium in ihre Heimatländer zurück.
Gespanntes Warten auf den Karnevalsumzug (Lundakarnevalen)

Gespanntes Warten auf den Karnevalsumzug (Lundakarnevalen)


Ihr könnt es vermutlich beinahe erraten, auch ich bin nach meinem Austauschsemester in Lund geblieben und habe dort mein Studium abgeschlossen. Ein Schritt, den ich keinesfalls bereue, denn auf diese Weise habe ich die Möglichkeit bekommen, ein neues Land auf eine völlig neue Weise kennen zu lernen. Plötzlich war ich „schwedische Studentin“ und fühlte mich dazugehörig. Jetzt fühlte sich das Ganze auch wie ein Auswandern nach Schweden an. Nach Abschluss meiner Studien in Lund beschloss ich, auch die andere Studentenstadt und überhaupt eine völlig andere Region in Schweden etwas genauer kennen zu lernen: Stockholm und Uppsala. Ich übersiedelte nach Uppsala.

Auf nach Uppsala – wenn auch ohne Wohnung

Blick auf den Dom in Uppsala

Blick auf den Dom in Uppsala

Mein Umzug nach Uppsala gestaltete sich sehr spannend. Das Einzige, was mir jedoch immense Schwierigkeiten bereitet, war die Wohnungssuche. Ein Außenstehender wurde vermutlich nicht glauben können, wie unheimlich schwierig das ist und wie aussichtslos die Suche oft werden kann. Im Endeffekt war es dann so, dass ich mehr oder weniger ohne Unterkunft nach Uppsala gekommen bin. Aufregend war es aber auf jeden Fall. Da ich mich selbst als relativ aufgeschlossen und mutig beschreibe, nahm ich diese Herausforderung an. Leicht war es jedoch nicht, aus Lund wegzuziehen, wo ich zudem ein Zuhause hatte.

Oft hört man von den Schweden, dass sie neuen Menschen gegenüber sehr verschlossen seien und größte Probleme mit solchen hätten, denen sie noch nie zuvor begegnet sind. Umso überraschter war ich, als ich über eine Annonce auf der Internetseite blocket.se (wichtige Adresse für alle Wohnungssuchenden! Da wird aber auch alles mögliche Andere inseriert) auf einen netten Schweden gestoßen bin, der eine temporäre Schlafstelle für einen heimatlosen Studenten anbot. Diese Stelle war an sich schon vergeben, doch ließ er mich dennoch auf seiner Couch im Wohnzimmer schlafen (wofür ich ihm so dankbar war, denn es bewahrte mich vor vielen teuren Nächten im Hotel, da auch bereits sämtliche Jugendherbergen ausgebucht waren). Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob er das hier überhaupt jemals liest.

Nach kurzer Zeit bekam ich dann zum Glück ein Zimmer in einem Korridor in Untermiete. Anschließend stellte ich mich in die Warteschlange für eine Unterkunft in einer Nation (von denen hat Uppsala 13 Stück; es sind spezielle Studentenvereinigungen, die eben u.a. Wohnungen anbieten und natürlich jede Menge Parties). Da bekam ich dann nach nicht einmal einem halben Jahr Wartezeit meine eigenes Zimmer. Das ging also verhältnismäßig schnell und ich war sehr positiv überrascht. Schließlich ist es ja ein offenes Geheimnis, dass in Uppsala die Wohnungssituation ein Fiasko ist.

Die Studentenstadt Uppsala

Blick von "svandammen", dem "Schwanenteich", auf das Schloss Uppsala

Blick von „svandammen“, dem „Schwanenteich“, auf das Schloss Uppsala

Uppsala ist eine Studentenstadt wie aus dem Bilderbuch (wie auch Lund) und so darf es einen nicht wundern, dass der Großteil der Bevölkerung im Alter zwischen 20 und 30 ist. Neuankömmlinge haben es oft schwer, wenn sie ganz ohne Hilfe sind, zumindest was die Wohnungssuche betrifft. Dran bleiben heißt da eine Devise und sich nicht entmutigen lassen, wenn die ersten 10, 20 Versuche schief gehen. Das ist völlig normal. Mir persönlich ist es in Uppsala viel schwieriger vorgekommen, eine Unterkunft zu finden als in Lund. Das glauben mir viele Leute oft nicht, aber in Lund hatte ich quasi beim ersten Versuch Glück und bekam sogleich mein Zimmer in Untermiete. Ob es ein Vorteil für mich war, dass ich bereits damals Schwedisch konnte, weiß ich nicht genau.

Schwedisch lernen – nur zu empfehlen!

Das kann ich jedem und jeder, die nach Schweden kommen, sehr ans Herz legen: Lernt Schwedisch, ihr werdet es nicht bereuen! Da wird es euch viel leichter fallen, mit Schweden in Kontakt zu kommen, denn gerade das gilt oft als besonders schwer. Sprecht ihr als Ausländer Schwedisch, erntet ihr nicht nur Komplimente und kommt auf diese Weise schnell mit den Schweden ins Gespräch, sondern fühlt euch einfach angenommen und respektiert. Natürlich ist es nur mit Englisch auch kein Problem, da die Schweden für ihre ausgezeichneten Englischkenntnisse bekannt sind und diese auch gern zur Schau stellen, doch ist es meiner Ansicht einfach nicht das Gleiche ohne Schwedisch.Fahne_sw

Für internationale Studenten werden eine Reihe spezieller Schwedischkurse angeboten, die leider aber auch sehr oft total überlaufen sind. Schweden, bitte bietet mehr Kurse für all Sprachinteressierten an! Oder Sprachinteressierte, lernt zuvor bereits ein wenig Schwedisch, sodass ihr anschließend in den höheren Kursen teilnehmen könnt, da ist die Teilnehmerzahl wesentlich geringer und ihr bekommt viel eher einen Platz.

Gerade für Deutschsprachige ist Schwedisch leichter zu lernen als für viele andere und das kann man ja ein wenig ausnützen. Für uns gibt es also eigentlich keine Ausrede, nicht Schwedisch zu lernen. Auch im Selbststudium lässt sich die Sprache ganz gut erlernen und es gibt da auch eine Reihe guter Sprachlernprodukte. Näheres kann unter Schwedisch lernen nachgelesen werden.

Fazit: Auswandern nach Schweden, wie war das?

Schweden ist in der Tat ein wahrlich einzigartiges Land mit einzigartigen Menschen. Ich sage nicht, dass es immer leicht für mich war bzw. leicht ist, hier zu leben. Auch Schweden hat seine Eigenheiten und Regeln, die es manchmal kompliziert machen, an alles zu denken und alles „richtig“ zu machen. Hat man so manche Dinge durchschaut, wird es jedoch in der regel einfach. Bei manchen Belangen wird man sich zwar denken, „das ist ja zuhause ganz anders als hier“, doch halt – ist nicht Schweden jetzt irgendwie das Zuhause?

schildDas bedeutet natürlich auch, dass man sich ein wenig an die neuen Gepflogenheiten anpassen muss. Geschieht wie gesagt recht einfach, auch wenn man manchmal meint, dass gewisse so überhaupt keinen Sinn machen. Das sorgt zumeist jedoch eher für ein paar amüsierte Momente als Ärgernis. Wirklich „aufregen“ kann ich mich persönlich in Schweden lediglich über die Wohnungssituation und die manchmal sehr langen Wartezeiten bei diversen Institutionen. Geduld ist eine Tugend.

Dieser Artikel soll einen kleinen Vorgeschmack einer persönlichen Geschichte in Schweden geben. Natürlich kann ich noch wesentlich mehr berichten und tausende Wörter lange Berichte schreiben. Ich werde immer wieder meine persönlichen Erlebnisse und Gedanken einfließen lassen, doch vorerst widme ich mich wieder der Bereitstellung weiterer Informationen aus und in Schweden.

Ha det så bra!


Kommentare

  1. Stephanie Reißaus meint

    Ich habe 2 Semester an der Uni Stockholm Rechtswissenschaften studiert und würde meine Erfahrungen dort gerne mit anderen teilen und kann Stockholm nur empfehlen. Stockholm ist eine fantastische und wunderschöne Stadt. Ich war dort im WS 2008/2009 und im SoSe 2009 an der Universität Stockholm.
    Mein Erfahrungsbericht:
    1.Die Stadt
    Stockholm ist für mich definitiv eine der schönsten Städte weltweit. Die Stadt erstreckt sich
    über vierzehn Inseln, die durch 57 Brücken miteinander verbunden sind. Stockholm verfügt
    über unzählige Sehenswürdigkeiten, wunderschöne Parks und einen ganz besonderen Charme
    durch die Lage am Wasser. Besonders im Sommer wimmelt es dort von Touristen und
    Attraktionen. Wenn man die Zeit findet, sollte man unbedingt Skansen besuchen und eine
    Bootstour in den wunderschönen Schärengarten machen.
    2.Sprache
    An der Universität werden Sprachkurse für ausländische Studenten angeboten, die ich für sehr
    hilfreich halte. Diesen Kursen geht ein Placement-test voraus, der ermittelt, in welchen Kurs
    man kommt. Die Kurse gehen dann ein paar Monaten und enden jeweils mit einer Klausur.
    Im Alltag kommt man jedenfalls in Stockholm gut mit Englisch aus. Das schwedische
    Fernsehen ist größtenteils auf Englisch mit schwedischen Untertiteln, so dass viele Schweden
    fließend und auch gerne Englisch sprechen. Dennoch würde ich jedem empfehlen bereits in
    Deutschland einen Schwedischkurs zu machen, da man nicht überall in Schweden Englisch
    spricht und es zudem die eigene Integration fördert.
    3.Die Uni
    Die Universität von Stockholm befindet sich ca. 15 Minuten mit der U-Bahn von der
    Innenstadt entfernt in einem sehr begrünten Teil der Stadt. Sie hat einen richtigen Campus
    und viele kleine Cafés und Kioske. Es gibt dort allerdings keine Mensa und auch ansonsten ist
    es relativ preisintensiv, wenn man sich jeden Tag in der Uni verpflegen will. Mein Rat an
    dieser Stelle ist daher, sich immer schon die Verpflegung von zu Hause mitzunehmen.
    In der ersten Woche an der Uni findet eine orientation week statt, in der man den Campus
    gezeigt bekommt und alles über die Uni erfährt. Es werden auch typisch schwedische Spiele
    etc. angeboten. Diese Woche sollte man keinesfalls verpassen, da man in dieser Zeit schon
    erste Kontakte knüpft und Leute kennenlernt.
    4.Kurse
    Die Kurse für ausländische Studenten werden überwiegend in Englisch angeboten. Das
    Semester beginnt für alle ausländischen Jurastudenten mit dem obligatorischen Kurs
    „Introduction to Swedish Law“, welcher in die Grundlagen des schwedischen Rechts einführt
    und sehr hilfreich ist, um das eigene Rechtssystem besser zu verstehen. Im Rahmen dieses
    Kurses werden auch zahlreiche Ausflüge z.B. zum Parlament oder zur Handelskammer
    gemacht. Dieser Kurs endet mit einem Multiple Choice Test, bei dem man seine Notizen und
    Bücher verwenden kann. Zusätzlich muss ein essay geschrieben werden.
    Meine darauffolgenden Kurse
    -Constitutional Law of the European Union
    -Human Rights in a Global Perspective
    -International Criminal Law
    waren sehr viel anspruchsvoller und wurden z.T. von Praktikern z.B. von Richtern des
    ICTY, des ICTR und Mitarbeitern von Amnesty International gehalten. Man erhielt einen
    tiefen Einblick in die praktische Arbeit auf diesen Gebieten.
    Insgesamt hat man als Erasmus- Student 2-6 Stunden Vorlesung pro Woche, doch die meiste
    Arbeit ist die Nacharbeit zu Hause. Außerdem setzt sich in fast allen Fächern die
    Examensnote aus einem oder mehreren Seminararbeiten und Präsentationen in
    Arbeitsgruppen und einem schriftlichen Examen zusammen, die z.T. open book oder nur mit
    Gesetzestexten zu lösen sind. Dennoch ist dies alles machbar.
    5.Betreuung
    Als Erasmus-Student in Schweden wird man sehr gut betreut. Die Erasmus-Betreuer vor Ort
    sind sowohl per Telefon, als auch per Email und auch persönlich gut zu erreichen und
    bemühen sich, die Probleme der Studenten möglichst sofort zu lösen.
    6.Unterkunft
    Es gibt für Erasmus-Studenten verschiedene Unterbringungsmöglichkeiten in Stockholm. Ich
    habe in einem der vielen Wohnheime, in Lappkärrsberget- kurz Lappis- gewohnt. Dieses
    Wohnheim ist eine Art Dorf voller Studenten, das ca. 10 Minuten zu Fuß von der Uni entfernt
    ist. Es fährt jedoch auch ein Bus. Ich kann nur jedem empfehlen, nach Lappis zu ziehen. Man
    wohnt dort mit 11 anderen Studenten in einem Korridor und teilt sich eine Küche, hat jedoch
    sein eigenes Bad und eigene Dusche. Die Zimmer sind ca. 18 m² groß und die Miete pro
    Semester beträgt 15.000 SEK. In Lappis habe ich viele verschiedene Leute verschiedener
    Nationalitäten kennengelernt und es gab auch zahlreiche Korridorparties. Es ist die
    Möglichkeit seinen Horizont zu erweitern.
    7.Finanzielles
    Stockholm und Schweden allgemein ist teurer als Deutschland. Das gilt für normale
    Lebensmittel wie auch für die Tickets für den öffentlichen Nahverkehr, Reisen, Bücher für
    die Uni, Alkohol etc. Kurzum: für alles. Das Bus- und Bahnticket kostet für Studenten, die
    den Semesterbeitrag bezahlt haben ca. 1100 SEK. Die Bus- und Bahnanbindungen sind
    jedoch sehr gut ausgebaut und die Busse und Bahnen fahren auch regelmäßig und an den
    Wochenenden auch nachts. Ansonsten ist besonders der Alkohol in Schweden sehr teuer.
    8.Aktivitäten
    Schweden ist ein hervorragender Ausgangspunkt für verschiedene Reisen z.B. nach Oslo,
    Talinn, Riga und Helsinki. Viele dieser Reisen werden auch von der Studentenvereinigung
    angeboten und auf einem großen Partyboot unternommen. Diese Reisen sind sehr zu
    empfehlen um neue Leute kennenzulernen. Die Studentenvereinigung bietet auch zahlreiche
    Aktivitäten an, für die man sich einschreiben kann.
    Stockholm hat sehr schöne, aber teure Bars und Clubs auf Östermalm. Billiger und mehr in
    studentischer Hand hingegen sind die Kneipen auf Södermalm. Zudem finden jede Woche auf
    dem Campus verschiedene Veranstaltungen wie der Onsdagspub in Allhuset oder Parties in
    Gula Villan statt.
    Ich persönlich bin in diesem Jahr noch Volleyball spielen gewesen, was allerdings sehr viel
    teurer war als in Deutschland.
    9.Fazit
    Für mich war das Jahr in Stockholm mein schönstes Studienjahr. Es ist die optimale
    Möglichkeit viele verschiedene Studenten aller Nationalitäten zu treffen und seinen Horizont
    zu erweitern. Ich verstehe jetzt das deutsche Rechtssystem z.T. sehr viel besser. Die
    angebotenen Kurse sind sehr gut und die Lernatmosphäre ist entspannter. Es gibt viele
    Freizeitaktivitäten und Stockholm ist eine der schönsten Städte, die ich kenne. Ich kann diesen Aufenthalt nur jedem weiterempfehlen. Nutzt diese Chance, wenn sie sich
    euch bietet.

  2. Hallo Stephanie! Danke für deinen ausführlichen Kommentar! Natürlich darfst du gerne deine Erfahrungen teilen. Wenn du magst, kannst du uns auch gerne einen Artikel mit einem Erfahrungsbericht über dein Studium an der Uni Stockholm schicken. Die Email-Adresse findest du im Impressum. Außerdem hat Schweden hautnah auch eine Facebook Page.

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