Nach bereits einiger Zeit in Schweden stelle ich mir mittlerweile immer mehr die Frage, wie sehr es sich eigentlich von anderen Ländern unterscheidet. Ist das Leben hier besser, schlechter, einfacher, teurer oder nicht mehr oder weniger gut als in jedem anderen Land? Diese Frage ist schwer zu beantworten, zumal ich noch nicht in so vielen anderen Ländern gelebt habe. So gesehen habe ich nicht allzu viele Vergleichsmöglichkeiten. Dennoch gibt es ein paar Punkte, die ich definitiv bejahen bzw. bestätigen kann:
Schweden offen gegenüber anderen Kulturen
Schweden ist ein Land der Möglichkeiten. Offen und international ausgerichtet, sind Nicht-Schweden hier sehr willkommen. Natürlich kommen Differenzen vor, doch zu behaupten, die Integration zwischen Einheimischen und Ausländern würde stets nur reibungsfrei verlaufen, wäre sowieso utopisch. Generell sind die Schweden anderen Kulturen gegenüber aufgeschlossen und neugierig. Persönlich habe ich das anhand der vielen Fragen zu meinem Heimatland und den vielen Komplimenten zu meinen Schwedischkenntnissen gemerkt. Im Arbeitsleben sind die Unternehmen mehr als bunt gemischt, und Angestellte von allen Ecken und Enden der gesamten Welt bestätigen die Regel. Auch Universitäten und Hochschulen sind sehr international ausgerichtet und Schweden gilt weltweit als beliebtes Studienland.
Lernen Sie Schwedisch!
Gut Schwedisch zu sprechen ist definitiv ein Pluspunkt, weil es auch von großem Interesse an Land, Leuten und Kultur zeugt. Schwedisch zu lernen ist die beste und schnellste Chance, wirklich ein Teil von Land, Menschen und Kultur zu werden. Zudem ist es ein Zeichen von Respekt, die Sprache des Landes beherrschen zu versuchen.
Schweden ist ein Land der Möglichkeiten
In Schweden wird das Vorhandensein von Möglichkeiten als eine Selbstverständlichkeit betrachtet. Diese Möglichkeiten sollen zudem so vielen wie möglich gewährleistet werden und nicht etwa nur den finanziell Bessergestellten. Wenn man beispielsweise an den Bereich Studium und Weiterbildung denkt (der auch einen Schwerpunkt dieser Webseite bildet), so muss gesagt werden, dass Studiengebühren (sofern überhaupt vorhanden) in Schweden erheblich niedriger sind als in vielen anderen Ländern und dass man auch als Ausländer die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung hat. Hierbei müssen natürlich gewissen Kriterien erfüllt werden bzw. auch die Bedürftigkeit motiviert sein, doch gibt es im Prinzip die Möglichkeit, vom schwedischen Staat unterstützt zu werden. Für die Schweden ist die STudienfinanzierung in Form von CSN (vergleichsweise eine Art BAföG wie in Deutschland) völlig einheitlich geregelt und richtet sich nicht nach persönlichen Umständen.
Studieren in Schweden
Da ich selbst einen Großteil meines Studienlebens in Schweden verbracht habe (sowohl als Erasmus-Student und Vollzeit), kann ich auch einiges über die Studiensituation in Schweden berichten und wie sich studentisches Leben hier gestaltet. Studieren scheint allgemein mit weniger Leistungsdruck verbunden zu sein, obwohl in etlichen Auswahlverfahren der Blick auf Noten gerichtet wird und man in vielen Programmen nicht auf Anhieb genommen wird. Geduld ist eine Tugend, das wissen die Schweden.
Das studentische Leben in Schweden kreist auch viel um Aktivitäten abseits von Sitzen und Lernen sowie Paper schreiben. Studentische Vereinigungen, Clubs und diverse organisierte Aktivitäten laden wirklich ein, zumindest eine Zeit lang ein Teil dieses Leben zu sein. Studieren soll in vieler Hinsicht auf das spätere Leben vorbereiten und natürlich auch Spaß machen und soziale Kompetenzen formen.
Gleichberechtigtes Schweden
Fairness, Gleichberechtigung und zusammengefasst gleiche Chancen für alle sind in diesem Land sehr großgeschrieben. So verzichtet man im alltäglichen Leben auch auf den Gebrauch von Titeln, was ein viel größeres Zusammengehörigkeitsgefühl schafft, als die strikte Abgrenzung von Klassen und Berufsgruppen. Das soll nicht bedeuten, dass in der Gesellschaft keine Unterschiede gibt – die gibt es und man merkt sie auch. So kann man natürlich Leute anhand ihres Auftretens und Aussehens einer gewissen Gruppe zuordnen, doch geschieht dies vermutlich mit wesentlich weniger Vorurteilen als in stärker statusfokussierten Gesellschaften.
Ich kann mich natürlich ein wenig täuschen – schließlich schildere ich auch nur meine Erlebnisse und Erfahrungen – und mit meinen Behauptungen sogar falsch liegen. Zudem kann natürlich auch Schweden nicht einheitlich betrachtet werden – jeder Teil des Landes verfügt auch über seine Eigenheiten. So unterscheidet sich allgemein der Süden recht stark vom Norden, allein schon, was die Bevölkerungsdichte betrifft. Somit gestalten sich auch die Möglichkeiten im Süden bzw. in den großen Städten Stockholm, Göteborg und Malmö zahlreicher als hoch oben im Norden.
Die Schweden – konfliktscheu und ruhig?
In Schweden versucht man, Konflikten tendenziell eher aus dem Weg zu gehen und wenn sie unvermeidbar sein sollten, sie zumindest nicht zur unnötigen Eskalation zu bringen. Allgemein habe ich ein niedrigeres Aggressionspotential bemerkt als dies in anderen Ländern der Fall ist. (Was nicht bedeutet, dass nicht auch ein Schwede aus der Fassung geraten kann.)
Mehr Ruhe im Alltag in Schweden
Das Leben hier kommt mir allgemein ein wenig ruhiger und relaxter vor, Menschen wirken nicht so gestresst. Natürlich nehmen Arbeit und Karriere hier auch einen wichtigen Rang ein, doch geht man alles ein wenig ruhiger an und schafft dadurch vielleicht einen ein wenig ausgeglicheneren Lebensstil. Workaholics gibt es natürlich, doch empfiehlt man es diesen gerne, einen Gang zurückzuschalten und stattdessen auch einmal die geernteten Früchte zu genießen.